„WUT“

Ich sehe dich, tiefe Traurigkeit verrät dein Blick. Das ist doch dieser blöde Spiegel, in den du immer wieder blickst. Haftnotizen übersähen den Spiegel, dazwischen dein Blick.

„Ich bin glücklich“ steht da auf dem Einen.

„Beginne jeden Tag mit einem Lächeln“ auf dem Anderen.

… um nur mal zwei davon zu erwähnen.

Du kannst diese dämlichen Sprüche nicht mehr sehen, und hören schon gar nicht. Wütend reißt du sie vom Spiegel, lauter zerrissene Schnipsel landen im Waschbecken, genau so zerrissen wie dein Herz, es schmerzt.

Wut tobt in dir, unendliche Wut.

Du erträgst diese Unendlichkeit nicht mehr, selbst wenn manches endgültig scheint. Erfüllt von Hass würdest du den Spiegel am liebsten in 1.000 Teile erschlagen, du kannst dich, deinen Blick und alles um dich herum gerade nicht ertragen. Du fühlst dich wertlos, wie ein weggeworfenes Spielzeug, das gerade mal wieder niemand braucht. Und es ist dir scheiß egal, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Innerlich zerrissen, immer noch, so wie diese zerrissenen Haftnotizen mit diesen dämlichen Sprüchen darauf, die du dir tagtäglich einreden sollst. Du sollst dich selbst lieben, so wird es dir immer wieder, eigentlich am laufenden Band zugetragen, wie sollen Andere dich lieben, wenn du dich selbst nicht liebst ?

Aber wie sollst du dich lieben, wenn Andere dich nicht lieben ?

Im sich selber Schlechtmachen bist du Profi, klar, diese beschissenen Erfahrungen, die du in deinem Leben machen musstet und ganz bestimmt auch immer wieder machen wirst … verständlich. Das Leben lehrt dich, dass du nicht wertvoll bist. Die „Schläge“, die du in deinem Leben schon einstecken musstest haben dich zu dem gemacht, was du bist, wie du bist. Du, liebes Leben, verzeihe mir, dass ich so bin.

SICH DIE WUT ZU NUTZE MACHEN

Du hast Recht, es ist tatsächlich egal, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Du darfst übrigens gerne die Haftnotizen mit den Sprüchen in den Papierkorb werfen, von mir aus auch mit Seitenwind. Ach ja, da fällt mir noch etwas ein, sicher kennst du auch diesen gern gesagten Satz:

„Sie sollten positiv denken“

 Ja, ja, ich weiß, den hast du in deinem Leben schon zigmal gehört, ganz ehrlich, vergiss diesen Satz, du kannst nicht lernen positiv zu denken. Hey, aber du darfst dein Leben positiv gestalten, warum nutzt du deine Wut nicht um diese Energie in eine positive Energie zu wandeln ? Lass es raus, geh Walken oder Joggen, fahre mit dem Rad, du hast doch gerade die Energie, oder ? Und ja, die Schläge haben dir natürlich „Schmerz“ zugefügt, aber mal ehrlich, wie oft hast du denn selbst „Schläge“ verteilt ? Egal, ob sich das die Waage hält. Du musst dich auch nicht selbst lieben, lach, dann würdest du keine Partnerin mehr brauchen, du darfst aber das Leben lieben lernen, warum bittest du das liebe Leben um Verzeihung ? Verzeihe dir lieber selber, komm endlich ins Reine mit dir selbst, bitte von mir aus jene um Verzeihung, denen du weh getan hast. Der Spiegel kann übrigens gar nichts dafür, dass du gerade diese Wut in dir hast, zerschlagen bringt da also gar nicht, außerdem willst du ja morgen auch noch in den Spiegel schauen, schauen, ob deine Frisur sitzt. Wertlos, wertvoll … so würde ich einen Porsche oder ein teures Schmuckstück nennen, aber diese Begriffe an einem Menschen zu verwenden ? Nun ja, ich würde mir wünschen, dass du diese Worte mal außen vorlassen würdest. Jeder Mensch hat sicherlich, wenn auch versteckt, Fähigkeiten, wann möchtest du endlich anfangen diese zu nutzen, diese auszuleben ? Oder badest du immer noch in deinem Selbstmitleid, verkriechst dich immer noch unter deiner Bettdecke ?

Willst du wirklich ein solches Leben führen ?

Das meinst du doch nicht ernst ?  Ja, gehe ruhig regelmäßig zu deinen therapeutischen Sitzungen, heule dich dort aus, lasse dir Mitleid zukommen, von deiner wirklichen Mitarbeit deinem Therapeuten gegenüber ganz zu schweigen, vielleicht sind dir die Sitzungen mittlerweile auch schon zu anstrengend ? Deine Freunde können dein Gejammer schon nicht mehr hören ? Verständlich, ist ja auch immer alles doof, alles scheiße, stöhne doch bitte noch einmal, das wirkt immer gut, sofort weiß jeder, dass es dir wieder mal nicht gut geht.

Also ehrlich, natürlich darfst du stöhnen, aber bitte dann, wenn Andere, deine Freunde, deine Familie oder dein Partner nicht zuhört. Stöhne für dich in einer ruhigen Minute, stöhne tief und langsam, huch, das sind ja Atemübungen 🙂

Willst du Wut sähen, oder doch lieber glücklich sein ?

Prima, du willst glücklich sein, dann nimm es endlich in deine Hände, Weizen wächst auch nicht, wenn du ihn nicht aussähst. Ja, ja, ach, wie anstrengend all das doch ist, du kommst morgens auch immer schlecht aus dem Bett ? Du armer Kerl, ich schenke dir noch etwas Mitleid, komm her, willst du auf meinen Arm, gern geschehen.

So, kommen wir doch endlich mal zum Wichtigen Teil deines Lebens, dein Psychologe mag dich auf deinem Weg bringen, dich auf deinem Weg begleiten, aber nur du, wirklich nur du kannst etwas an deiner Situation ändern, also bitte nimm deinen Kopf aus der Versenkung und schau mich an.

Jetzt frage ich dich noch einmal: willst du ein solches Leben führen, wie du es bisher führst ? Nein, das willst du nicht, du willst lachen, zufriedener sein, ja sogar glücklich.

Ich weiß, das kann ein weiter Weg dahin sein, bedenke mal, ein Botanischer Garten wäre wohl heute noch eine blöde Wiese mit scheißenden Kühen darauf, hätte nicht irgendwann einmal jemand damit begonnen Bäume zu pflanzen, Beete herzurichten und mit wundervollen Blumen zu bepflanzen. Ja natürlich hat das nicht ein Einzelner bewältigt, aber hey, bist du allein auf dieser Welt ?

Gut, komm her, du kleines Kind, ich nehme dich an die Hand und helfe dir, lass uns endlich mit Gutem beginnen.